Todesangst um einen Dollar....

Todesangst um einen Dollar....
(eine grausig-spannende Geschichte)
"Schließlich war mein Geld zu Ende", fuhr der Mann mit seiner abenteuerlichen Erzählung fort, "ich stand buchstäblich ohne einen Cent in Denver, im Staate Colorado, auf der Straße. Die Füße lief ich mir ab nach einem anständigen Verdienst, aber niemand konnte mich brauchen.

Der Hunger nagte in den Eingeweiden. Endlich gelang es mir, ein altes Auto anzuhalten, dessen Besitzer zufällig ein Zirkusdirektor war, der die kleinen Städte des Westens bereits aufsuchte und auch gerade jemand brauchte, der 'alles anfassen' wollte. Ich schien sein Mann zu sein, und da mir der Hunger aus den Augen sah, konnte er mich billig haben. Ich nahm an, denn eine andere Wahl blieb mir schließlich nicht.

Aber was der Bursche mir vorschlug, war selber für Amerika reichlich stark: Ich sollte mich in die Haut eines Tigers einnähen lassen und dann zu einem lebendigen Löwen in den Käfig gehen.

"Well, my boy", sagte er, "Jonny, mein einziger Tiger, ist krepiert. Ganz plötzlich! Lag eines morgens da und machte nicht mehr piep. Habe aber die Nummer angekündigt und muss einen Tiger haben. Ist ja die Hauptattraktion, kann mir nicht helfen. Brauchst aber keine Angst zu haben, boy, der Löwe ist alt und stumpfsinnig, der tut nicht mehr weh. Ist ein ganz fetter, gutmütiger Bursche, wird sich gar nicht nach dir umsehen. Also....?"

Na, ihr könnt mir glauben, ich traute dem Braten nicht, spürte wirklich keine Neugierde und Neigung, mich als Tiger aufzuspielen. Doch der Halunke liess mich mich gar nicht mehr zu Worte kommen, ich wollte aus der Karre, da gab er Gas, und wir holperten über die Straßen, dass mir Hören und Sehen verging. Schließlich hatte er mich mürbe gemacht, und ich war bereit, für einen Dollar in den Käfig zu gehen. Und ich habe es getan - seitdem weit ich, was Angst ist.....

Der Bursche liess mich nicht aus den Augen, und als der Abend kam, packten mich zwei handfeste Kerle, nähten mich in das Tigerfell und schoben mich in den Käfig hinein.

Das Zirkuszelt war gepropft voll, und die Zuschauer brüllten, als ich langsam auf allen Vieren im Käfig herumtaumelte. Mein Herz schlug wie rasend, der Schweiss brach mir aus allen Poren. Ich hatte eine ganz erbärmliche Angst.

Erst bewegte sich der Löwe nicht, die Leute im Zirkus brüllten, pfiffen, klatschten mit den Händen. Da hob die Bestie erst langsam den Kopf und schüttelte ihre Mähne. es war ein prächtiges Tier, das jedem Zoo Ehre gemacht hätte. Jetzt erhob sich der Löwe gemächlich und kam langsam auf mich zu. Ich legte mich nieder und ahmte in meiner Verzweiflung einen sprungbereiten Tiger nach, da ich glaubte, ihm dadurch Furcht einflößen zu können.

Näher kam er, immer näher. Ich schloss die Augen, wollte schreien, doch die Kehle war mir wie zugeschnürt. Kein Laut drang hindurch. Ich wollte aufspringen, doch die Todesangst lähmte meine Glieder.

Wenn ich auch nichts sah, so hörte ich doch alles, vernahm, wie die Bestie sich knurrend näherte, hörte, wie die Tatzen auf dem Holzboden schleiften, wie sie nun fauchte und sich die Flanken schlug.

Näher und näher schlich sie heran, und ich fühlte, wie sie schon ganz nahe bei mir war, fühlte plötzlich, vor Schreck zusammenzuckend, wie sie mich mit einer Pranke berührte, roch den heißen Atem, und da hörte ich, wie sie mir - zuflüsterte: "Gibt der Lump dir auch nur einen Dollar?"

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