Weißt du noch…

Weißt du noch…



Die Abendsonne neigt sich tief
Der Wind haucht nur noch leise Zeilen
Im Walde fern ein Käuzchen rief
Die Bienen emsig heimwärts eilen

Auf der Terrasse knarren Dielen
Zwei Schaukelstühle federnd schunkeln
Zwei alte Menschen darin schielen
Zu einem Strauch, recht weit im Dunkeln

Der eine Mensch ist etwas taub
Der andere schon blind etwas
Sie ähneln beide altem Laub
Das auch zur Stunde wirkt recht blass

Im Strauche nun, zu dieser Zeit
Ein Elsternpärchen laut krakelt
Es wackelt, kippt manch Federkleid
Weil ihre Liebe eifrig schwelt

Herr Elsterich besteigt Frau Elster
Die trotz Bemühung wohl nicht will
Jedoch zwei Küsse und dann stelzt er
Auf ihren Rücken, sie hält still

Dem tauben Mensch die eine Hand
Auf die des Blinden plötzlich kroch
Gedanklich webt er altes Land
Als flüsternd spricht er: „Weißt du noch…“

*

So schaukeln beide tief versunken
Doch eine Antwort gibt es nicht
Erinnerungen wispernd unken
Dann schwindet sanft das Abendlicht



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